23 April 2006

Sich einfach mal treiben lassen...

Freitag ging's los. Nachdem ich aufgrund der tadellosen Koordination der Deutschen Bahn wider erwarteter Verspätung als einer der Ersten zwei Minuten zu früh am Treffpunkt in Jena ankam und nach gewisser Wartezeit auch langsam die anderen eintrudelten, konnte es losgehen. Hatte alles wichtige dabei - außer Socken. Und mein Buch sowie Stift - nuja. Während einige schon vorfuhren, einige bereits ein Hinterherkommen angemeldet hatten, fuhren wir zu Dritt noch in Jena die restlichen Sachen holen, um uns anschließend Richtung Nebra aufzumachen. Dort angekommen bauten wir in vollkommener Dunkelheit unser Zelt auf - immerhin hielt's die Nacht und war gemütlich. Nach und nach trudelten die Leute ein, bis wir unsere komplette Stärke von zehn Leuten erreicht hatten. Es wurde gegessen, geredet, gequatscht - irgendwann dann auch angefangen mit singen, soweit das eben möglich war. Anschließend war noch'ne "Gute Nacht Geschichte" angesetzt - 'ne Gruselgeschichte, 14+ Seiten stark, hab' ich mir sagen lassen - aber da die Nacht zu der Zeit schon mehr als gut war (gegen 0100) und ich saumüde, hab' ich nicht mal mehr den Anfang mitgekriegt. Irgendwann bin ich dann auch aufgewacht - die Nacht im Schlafsack problemlos verlebt. Also gefrühstückt, Sachen zusammengepackt, Schlauchboote Richtung Wasser transportiert auf aufgepumpt. Was ich hier in paar Sekunden aufschreibe, hat in Echtzeit mehrere Stunden gedauert - auch wenn wir unser Vorgehen nach und nach optimierten. Gegen Mittag kamen wir dann los, ich auf dem großen Boot. Vorne links. Vorsichtig tasteten sich die Paddel ins Wasser - größtenteils ließen wir uns treiben, zu Siebt auf der Unstrut Richtung Naumburg - 30km Weg- bzw. Wasserstrecke. Trotz dessen es die Nacht über ohne Ende geregnet hatte, war der Wolkenhimmel immer noch bedeckt - aber wenigstens blieb's trocken. Ab und an wurde mal gepaddelt, eher sporadisch als konstant - einfach mal die Natur genießen, die Ruhe, Augen schließen, den Himmel angucken und sich wünschen, es wäre schon Abend und man könne die Sterne sehen. Sich eben einfach mal treiben lassen, ohne an nichts und niemanden denken zu müssen. Irgendwann nachmittags (Uhr und ganzes Technikgesocks war im Rucksack, der war im Auto - Platzprobleme an Bord) kamen wir ans erste Wehr - kurze Pause und bissl Essen eingeworfen. Während sich das kleine Boot durchschleusen ließ, wollten wir todesmutig das Wehr runterbrettern - stiegen also ein, legten ab. Plötzlich öffneten sich die Schleusen - es regnete, ja hagelte regelrecht in Strömen - wir auf'm Fluss. Nachdem uns kurz vorher schon ein kleiner Schauer zur erhöhten Schlagfrequenz anspornte, war hier nix, aber auch gar nix zu machen. Mussten uns hilflos treiben lassen. Anschließend nochmal angelegt - Klamotten mehr als nass - bis auf die Unterhose, also die auch... Wechselklamotten in Nichterwarten eines solchen kranken Wetterereignisses natürlich im Auto gelassen. Freundlicherweise durften wir uns während dieses Platzschauers kurz beim Wehrmeister im Haus unterstellen, um anschließend pitschnass unser Leben zu riskieren - ich vorne weg und mit der meisten Verantwortung. Folglich steuerten wir auf's Wehr zu, um uns alle angsterfüllt ins Boot zu kuzen und nach der Beschleunigungsphase aufzuspringen und loszupaddeln. Mittlerweile kam die Sonne zum Vorschein, 'n dezenten Regenbogen gab's auch - es sollte "die Wetter" und nicht "das Wetter" heißen... Jedenfalls entschieden wir uns an Kilometer 16 unser Abendlager aufzuschlagen - knappe Hälfte geschafft. So entsandten wir die Autoholer, bauten die Juhrte auf und watschelten durch sumpf-ähnliches Gebiet. Hätte ich nicht Sandalen angehabt und wäre bis auf die Knochen nass gewesen, ich hätte gekotzt... :D Muss sagen, dass das trotz der eigentlich beschissenen Situation durchaus sehr angenehm war. Die Ruhe, Naturverbundenheit, einsetzende Dämmerung - hab' mich richtig lebendig gefühlt, meine Körper und die durch ihn fließende Energie gespürt. Als dann endlich die Sachen angekommen waren, wurden diese aufgrund von Bewegung, Feuer und Lufttrocknung gar nicht mehr gebraucht. Also Töpfe raus geholt und Essen gemacht - yeah, war nicht schlecht. Die Zeit war mittlerweile auch schon merkbar fortgeschritten, was dazu führte, dass bald die Schlafsäcke ausgerollt und die Augen zu gemacht wurden - so gegen Zwölf dürfte ich geschlafen haben - Lieder und rumgehende Weinflaschen gar nicht mehr wahrnehmend. Sonntag - zeitlos irgendwann aufgewacht, wenn auch in schlechterer Verfassung als am Vortag. Nach Frühstück, zusammenpacken, Zeugs zum Auto schleppen, lebendig fühlen, Boot nochmal bissl aufpusten ging's dann wieder auf den Fluß, wenn auch nur zu'ner kleinen Tour. Am nächsten Ort dann raus, Zeugs getrocknet und zurück gen Heimat. In Jena noch schnell Sachen ausgepackt, zum Bahnhof und im versifften Zustand dann durch Erfurt nach Hause gewandert, aber doch mit dem Gefühl, was besonderes gemacht zu haben - was tolles. Freiheit und Unbeschwertheit gekostet zu haben. In dem Sinne, mir geht's gut - erschöpft, aber lebendig. Robby - schwindelig